
Ist das noch persönlich oder ist das schon privat?
Es gibt einen Satz, der mir immer wieder in künstlerischen Kontexten begegnet und zwar »die Kunst muss persönlich, aber darf niemals privat sein«. Ich verstehe schon, was damit gemeint ist. Wir wollen ja was erfahren, über die Leute, die auf der Bühne stehen, aber wir wollen auch, dass es eine Distanz gibt. Wir wollen nicht alles wissen, wir wollen, dass es eine Inszenierung bleibt. Vielleicht ist es auch immer der Reiz nicht genau zu wissen, was Wirklichkeit und was Inszenierung ist. Es ist gut, wenn ich traurige Lieder auf der Bühne singe, aber was wäre, wenn ich dabei anfangen würde, zu weinen? Wäre es dann privat?
Ich spreche bei meinen Konzerten über mein Großwerden, über meine Depressionen, über schwere Momente.
Für mich ist es immer ein schmaler Grat, eine dauerhafte und ununterbrochene Auseinandersetzung, denn ich merke, wie das persönliche in meiner Musik das größte Potenzial birgt für die Leute, die sie hören und auch für mich. Ich bekomme so oft die Rückmeldung, dass Leute dankbar dafür sind, dass ich auch ihre Geschichte auf die Bühne bringe, dass sie berührt sind, weil sie das genauso fühlen oder gefühlt haben, dass sie sich weniger alleine fühlen mit ihren Gefühlen und Gedanken. Und eigentlich ist das genau das, was mich antreibt, genau so weiter zu machen. Der Liedermacher Max Prosa hat es neulich in so schöne Worte gepackt, dass ich ihn hier zitieren will. Er meinte: »ich finde, dass das Innerste, ganz ähnlich wie die Außenwelt, bei allen Menschen ungefähr gleich ist. Und man sich damit nicht zu schämen braucht. Wann immer ich in den Gedanken und in einem Lied oder einem Gedicht an einen Punkt komme, wo ich nicht genau weiß, ob ich das zeigen soll oder will, da wirds eigentlich interessant. Weil das sind oft die Dinge, wo es noch nicht so viel drüber gibt. Und die sich dann deswegen anfühlen, als würden sie nur zu mir gehören. Aber ganz oft sind das auch genau die Dinge, wo es dann diese Erleichterung gibt in den anderen, das mal zu hören und zu merken, »Ah, das ist nicht nur in mir so« und darum gehts genau. Um dieses Innere. Um genau diese ganzen Stellen, von denen es noch so viele gibt, die wir einander zeigen können.«
Und ja, ich mache mich angreifbar und verletzlich und das ist oft anstrengend und kostet Kraft. Ich habe mich nie dazu entschieden, »solche Musik« zu machen, sondern es war eben die, die da war. Die aus mir rausgeflossen ist und die Entscheidung, sie auf die Bühne zu bringen, ist in gewisser Hinsicht auch eine Selbstermächtigung und eine Utopie, auf die ich hinarbeite. Eine Welt, in der wir uns einander zeigen, in der wir begreifen, dass das, was wir fühlen, nicht nur von uns gefühlt wird. Dass wir uns in »diesem Inneren« gleichen und dadurch vielleicht nicht nur einen liebevolleren Umgang mit uns selbst etablieren können, sondern auch mit den Menschen, die uns umgeben.





